(fz) Es ist ein Sonntag. Wir schreiben den 4. September 2016. Und wer nicht weiss, wo der Adlergarten ist: An der Gärtnerstrasse in Winterthur. Der Flurname täuscht in der Hinsicht, dass der Adlergarten heutzutage ein Städtisches Alterszentrum ist, ein ziemlich grosses sogar, und darum viele Frauen und Männer den letzten Abschnitt ihrer langen Lebenswege dort verbringen, wie sich in sehr vielen Fällen die Wahlmöglichkeiten im Laufe der Zeit erschöpft haben dürfen. Welche andere Möglichkeit sollte die Allgemeinheit sonst noch haben, um die bedürftig gewordenen Altersschwachen sonst wie zu betreuen?
Die Uhrzeiger zeigten halb elf an. Wie abgemacht, waren die Sänger zur Stelle, wie auch die Dirigentin Eva Rüegg die Pünktlichkeit als Tugend kennt. Nach der Begrüssung hinein in den Adlergarten, hinauf in den ersten Stock, dann einem langen Korridor entlang bis zu einem Raum, der für das Einsingen zur Verfügung stand. Die Frische der Stimmen stand für ein gutes Omen. Der stumme Fisch, versteckt hinter der Säule, würde sich dann schon und wohl die Mühe geben, wenn es darauf ankommt.
Als die Sänger aus Zell, Rikon und Kollbrunn den grossen Saal im Erdgeschoss betraten, um sich kurz vor elf für den Auftritt aufzustellen, war dieser praktisch voll besetzt. Unser Präsident Heinz Sommer überbrachte nicht nur kraft seines Amtes eine treffende Begrüssungsbotschaft an die Anwesenden und würdigte darin den Begriff Heimat in vernünftiger Weise. Die Dirigentin übernahm daraufhin die künstlerische Leitung und gab den vier Stimmen die Tonlagen für das erste Lied bekannt. Es ging ohne Patzer durch. Beim zweiten fiel der stumme Fisch kurz auf, korrigierte aber seinen Schnitzer schnurstracks und also fast unbemerkt. Die vielen Frauen und Männer, die an diesem Sonntag dem Männerchor Kollbrunn ihr Ohr geleiht, ihr Gehör geschenkt haben, spendeten ihren Beifall mit Betroffenheit und Dankbarkeit ungekürzt, also ihren Herzen entsprechend.
Das von Eva Rüegg feinfühlig zusammengestellte Programm enthielt für die Sänger zwei Uraufführungen: Sowohl Vineta, ein Lied über eine versunkene Stadt, wie auch Mach‘ mal Urlaub, konnten die Kollbrünnler Sänger bei den Erstaufführungen glaubhaft vortragen. Zum Mitsingen hatte Eva drei bekannte Volkslieder ins Repertoire geflochten, und diese weckten ganz offensichtlich alte Erinnerungen wach. Dem zuhörenden Italiener ging es nicht anders, als der Chor Quel Mazzolin Di Fiori zum Besten gab. Durch wen hätte er dieses Lied nochmals live hören können, wenn nicht der Männerchor Kollbrunn an diesem Sonntag im Alterszentrum Adlergarten aufgetreten wär‘?
Auch die Dame, die an diesem Sonntag für den Adlergarten sprach, machte keinen Hehl daraus – der Auftritt der Sänger hat sie tiefer berührt als gedacht. Und hoffentlich trete der Chor bald wieder bei ihnen auf.
Für den anschliessenden Imbiss im Garten bedanken sich die Sänger und die Dirigentin ganz herzlich – beim Adlergarten. Oder bei der Stadt Winterthur.
P. S. Auch wenn ein Sänger in Amerika weilt, ein anderer seine Töff-Tour durchgeführt, und ein dritter den Militärdienst in einem höheren Rang erfüllt hat, eben diese an diesem Sonntag – die Gesangskraft des Männerchors Kollbrunn erreichte dennoch eine hohe Güte. Für den Text zeichnet fz.