Männerchor Kollbrunn reiste in den Thurgau

(fz) Samstag, 3. Oktober 2015. Kein Hahn krähte an diesem Kalendertag so früh in der Frühe, wie die Wecker in einigen Haushalten von Zell bis Kollbrunn herrlich geschrillt haben mussten. Um halb sieben öffnete das Rest. Frohsinn seine Türen. Achtzehn Sänger und die Dirigentin hatten es geschafft. Die Servicekraft ebenfalls, um Kaffeetassen und frische Gipfel auf die Tische zu bringen. „Was wär‘ das Leben ohne Lied“, trug der Chor den gesanglichen Morgengruss dem schönen Tag vor. Als Pläneschmied für die Vereinsreise 2015 zeichnete Sänger Heinz Grossmann. Heinz G., ursprünglich aus Amriswil TG kommend und im Herzen immer noch mit der „Stadt mit Sex-Appeal“ verbunden, sollte das Lob für die Erfüllung seiner Aufgabe in vortrefflicher Weise, an diesem Tag verdient haben dürfen. Der bestellte Bus von Weisslingen stand um sieben abfahrtsbereit, doch ein Sänger fehlte noch. Hat wohl den Weckruf nicht gehört. Eine geplante Reise hat bestimmte Daten. Nächster Halt in Amriswil, Gipfeltreffen im Kaffeehaus. Und bis dorthin durfte jeder Sänger ein saftiges Sandwich von Juckscher‘ Güte entgegengenommen haben.

Der Reiz einer Schifffahrt

In der noch scheuen Morgensonne warteten die Sänger und die Dirigentin neben den Geländern der HafenanlagBTR_2015_TG_0015e. Da traf beim Bahnhof ein Zug ein und brachte den „verspäteten“ Sänger gerade rechtzeitig nach Romanshorn. Die Mannschaft des Schiffes „Thurgau“, welches 24,5 Stundenkilometer drauf hat, hatte das Schiffstau schon fast gelöst, als die letzten Sänger kurz den Laufschritt übten. Alle Mann an Bord. „Buuuh“, tönte es aus dem Schiffshorn. Der Kapitän machte ein Drehmanöver und steuerte die „Thurgau“ hinaus auf den See. Drei Sänger standen wie Kapitän Cook am Bug, witterten im Gegenwind den Hauch europäischer Zeitgeschichte, während ein grösserer Teil in der windgeschützten Gaststube die Feierstunde besang. Nächster Halt Bottighofen, gab eine Stimme über den Lautsprecher bekannt. Kaum war der Steg zum Ausstieg in Stellung gebracht, hatten alle Sänger das Schiff verlassen. Die altgediente Kanone an der Uferstrasse diente Sänger Beat für einen bewährten Scherz. Dirigentin Eva entnahm der Stimmgabel den Anfangston und der Chor sang am Hafen „Kleine Barke im Wind“. Da traf die Melodie den Anblick der Schiffe in Harmonie.

Schloss Hagenwil

Der Busfahrer fand den Weg über die schmalen und gewundenen Landstrassen doch auf Anhieb und wie aus dem Nichts, hielt er den Car auf dem Parkplatz davor an: Da stand sie, die Wasser-burg mit Zugbrücke. Dabei nahm deren Geschichte ihren Anfang im 13. Jahrhundert, als ein Kreuzfahrer namens Rudolf ebenda einen Turm erbauen liess. Wer heutzutage ein historisches, denkmalgeschütztes Gemäuer oder eben ein Schloss von seinen Ur-, Ur-, Urvorfahren erbt, der steht nichtsdestotrotz, hineinge-schickt in seine Rolle, vor etwelchen Problemen da. Es kosteBTR_2015_TG_0081t stets eine hübsche Stange Geld, steht praktisch in jeder Gene-ration wieder eine notwendige Renovationsarbeit auf dem Plan. Ohne Verein „Freunde des Schlosses Hagenwil“ ginge es nicht, meinte der heutige Schlossbesitzer und rechtmässige Erbe. Seit 1830 wird im Schloss eine Gaststätte geführt und den Bürgern von Hagenwil und Umgebung, jeden Mittwoch die Schlossbar für die gemütliche Stunde aufgemacht. Ueber das Mittagessen und den ausgeschenkten Wein aus dem Ort fand kein Sänger ein Wort, welches nach Mängelrüge gerochen hätte. Das heisst ganz gut. Und wenn die Karpfenfische aus dem Burgwasser auf dem silbernen Tablett, trotz Kräuterausstattung nicht gleich zu Beginn gemundet hätten, dann dürfte es weniger am vorzüglichen Fleisch des Karpfens gelegen haben, als vielmehr an dessen etwas komplizierten Knochenbaus. Und am sauberen Wasser, wie es Fische in der Regel mögen. Aus der Weltgeschichte hallt auch in Hagenwil ein Echo: Obwohl das Schloss an eher unauffälliger Stelle gebaut worden ist, fanden es schwedische Truppen während der Zeit des Dreissigjährigen Krieges (1618 – 1648) und entleerten die Lager für ihren Bedarf. Heute sind zivile Trauungen im Schloss möglich, wie zwei Hochzeitsgesellschaften an diesem Tag den historischen Ort für ihre Feierlichkeiten ausgesucht haben.

Huus Braui Roggwil

Gleich neben der Braui Roggwil steht das Schloss Roggwil, welches seinen Anfang ebenso mit einem Turm hatte und den der Bischof von Konstanz um das Jahr 1200 erstellen liess, zwecks Grenzsicherung gegenüber dem sich ausbreitenden Kloster St. Gallen. Doch an diesem Nachmittag erschien die Gartenbeiz im Schlossgässli in einem derart wundersamen Sonnenstrahl, dass selbst der kühlBTR_2015_TG_0093ste Sänger von einem schwitzenden Bierglas ins Träumen geraten konnte. Die Auswahl an Gerstensaft ist in Roggwil eine schöne, und ob blond, trüb oder dunkel in der Farbe, die Geschmacksknospen gehen auf, wenn die Säfte über die Zunge fliessen. Der Braumeister wurde nicht ausgefragt und konnte sein Geheimnis für sich bewahren. In der leutseligen Stimmung liegt die Lust, ein Lied zu singen, nicht weit, und wie der Chor die Gesangsstücke aus dem Gedächtnis frei vorgetragen hatte, sprang ein positiver Effekt auch auf die andern Gäste über. Noch ein Wort zum Bier Shampoo von Roggwil: Wer es noch nie probiert hat, hat in der Tat etwas versäumt. Schliesslich wollte unser Reiseleiter Heinz G. energisch ein Wort sprechen, denn die Schönheit der Stunde in der Gartenbeiz sollte zugunsten der Weiterfahrt abgebrochen werden. Das gelang ihm nur in milder Form, aber er schaffte es irgendwie doch.

Pilgerhaus in Bronschhofen

In diesem Restaurant, auch Dreibrunnen genannt, hatte Heinz G. die Vorkehrungen für den „Zvierihalt“ nach Treu und Glauben sehr wohl getroffen, und genügend Tische im Garten reservieren lassen hatte er auch. Nur ist eine gute Stimmung nicht immer im Voraus planbar, und wenn der Reiseleiter auf eine Verzögerung mit Gelassenheit reagieren kann, dann zeigt dies Wirkung auf die ganze Gruppe. Die kalten Platten waren reichhaltig belegt. Es war nicht wirklich der Hunger, welcher die Hände der Sänger zum Munde führte, aber für einen guten Bissen kann sich ein jeder Zeit lassen, bis die Platten leer sind. Für ein weiteres Lied war dann die Zeit auf einmal zu fortgeschritten; für den Busfahrer hätte der Feierabend vor einer Stunde schon angefangen.
Die Reise ging ohne Zwischenfall zu Ende. Der Ausklang im Rest. Frohsinn hat seine Tradition.

 

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Bilder: Werner Baur, Martin Burkart