Der Männerchor Kollbrunn trifft Kühe

(fz) Die Uhr musste fünf angezeigt haben. Zu dieser frühen Morgenstunde durfte der aufwachende Sänger über seine Zustimmung zum ersten Schritt für einen weiten Weg vielleicht leise noch gegrollt haben, doch wie es eben zum Brauch gehört, war der Treffpunkt im Rest. Frohsinn in Kollbrunn beizeiten festgelegt worden. Der Männerchor Kollbrunn fährt am 27. September ins Wallis und kehrt am Abend des 28. Septembers 2014 von dort wieder ins Dorf zurück. Sänger Heinz wäre gerne mitgekommen, konnte aber nicht. Er stand trotzdem früh auf, um seinen Sängerfreunden den Kaffee und Croissants spendieren zu können. Was wär‘ das Leben ohne Lied, sangen die Sänger, bevor sie in den Nüssli-Car stiegen.

Von der Fahrt ins Tal der hohen Berge

Es gibt viele Sänger, die sich schönes Wetter wünschen, wenn deren Ausflüge ihre Zeiten haben. Der Männerchor Kollbrunn hat Glück. Der Himmel ist blau, die Sonne scheint tatsächlich kräftig um diese Jahreszeit. Schier mystisch erscheinen die tiefen Bodennebel im Kanton Aargau in diesem Vormittags-licht. Den Kanton Solothurn erkennt einer an der Bechburg, und wer Bern noch nie gesehen hat, müsste sowohl in seiner Haut sowie in seinem Hintertal fest eingeschlossen gewesen sein. Die wenigen rauchenden Sänger melden beim Fahrer Thomas ihr Verlangen nach blauem Dunst an. Beim Autogrill Gruyères FR kamen alsbald alle Sänger in den Genuss einer willkommenen Pause. Ueber der Linie des „Röschtigrabens“ spricht man in der Schweiz Französisch. Was ist den Sängern des Männerchors Kollbrunn an französischen Worten aus dem Stegreif noch abrufbar, wie die obligatorische Schulzeit bei den meisten mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegt ? Gerade aktiv schaut es nach nicht viel aus, doch in der schlummern-den Anlage liegt durchaus ein grosser Schatz verborgen. Die Ovo chaud ausgetrunken, zählt der Reiseleiter im Car die wieder eingestiegenen Sänger. Alle da, die Dirigentin Eva auch.

Le guide et la destination

Sänger Martin ist vor rund zwei Jahrzehnten aus dem Wallis ausgewandert, weil er in der Deutschschweiz eine für ihn gute Arbeitsstelle fand. Den Walliser Dialekt hat er seitdem beibe-halten, das heisst, die Kollbrunn’schen Sängerfreunde fragen bei ihm ab uBTR_2014_VS_Aperond zu nach, was er gesagt zu haben gewünscht hätte. Eine Sache der Uebung, das ist wahr, so wie sich die Frage stellt, in welcher Richtung es zum Besseren kommen könnte. Was der Reiseleiter Martin im RELAIS DU CHÂTEAU DE VILLA in Sierre vorbestellt hatte, durfte die kühnsten Er-wartungen der Choli-Chorsänger übertreffen. Le vin du Valais kann nicht nur im Glase lieblich leuchten, sondern auch feuerig in den Kopf steigen oder begeisternd über den Gaumen fliessen. Und le saucisson löst nicht erst seit gestern, auf der Geschmacksknospe ein kulinarisches Wohlgefühl aus. Sind Tösstaler Sänger durch freundlichste Umstände bei bester Laune gehalten, hinterlassen sie in jedem Château eine gesangliche Visitenkarte. Nach den beiden in Deutsch und im Freien gesungenen Lieder durften auch die andern Gäste im Gartenrestaurant ihre empfundene Begeisterung zum Ausdruck bringen. Nach dem grandiosen Auftakt hatte der Reiseleiter einen geschickten Schachzug parat, nämlich die Aufteilung der Anwesenden in zwei Gruppen. Für diejenige, die sich in Walliser Reb- und Weinmuseen mit Erforschen, Verstehen und die Epochen bewandern befassen wollte, blieb der Interessiertenkreis bei der Zahl vier stehen. Die andern dreizehn hatten sich für die Wanderung durch die Rebberge entschieden. Treppauf, treppab, und weitere Treppchen, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. Die Geschichte des Weines ist lang, und für Bacchus (Gott des Weines) haben erst die Alten Griechen, wie die frühen Römer schon ihre Kantaten abgehalten. Nichts Neues, was die Gesangswerke angeht; die Instrumente und Werkzeuge hingegen, in den letzten fünfzig Jahren einen beachtlichen Fortschritt gemacht haben. Nathalie, der die Kulturführung oblag und im Privaten die bessere Hälfte des Reiseleiters abgibt, trug die verschiedenen Einzelheiten nicht nur charmant vor, sondern mit ihren Erfahrungen in den RebBTR_2014_VS_Chateaubergen ihrer Grosseltern selig. Der Besuch der Kirche in Salgesch, die im Jahr 1887 fertiggestellt wurde, hatte an diesem Tag durchaus einen grossen kulturellen Sinn. Auf dem Friedhof sind auf den Grabsteinen die Namen mit Schweizer Geschichte zu lesen.

Auf Kultur folgt der Durst

Nathalie entliess nach der Führung die übrig gebliebenen drei Teilnehmer ins Hotel Arkanum. Da hockten die drei in der Gartenbeiz, vor den schwitzenden Gläsern, und harrten der Dinge, die kommen sollten, bestimmt eine gute Weile. Bis ein Jauchzer ertönte, wie ihn nur Sänger Beat hinbringt. Zwei weitere kamen ihm nach, nur leicht ausser Atem. Doch wo waren die anderen zehn, die einmal gemeinsam mit den angekommenen dreien gestartet waren ? Die Zeit verging. Bereits hatte die Serviertochter den dreien von der Kultur-gruppe das zweite Glas serviert. Die erste Frage kursiert schnell: „Haben sich neun Sänger und die Dirigentin Eva vielleicht in den Rebbergen verlaufen ?“ So schlimm kam es nicht. Sie trafen ein, wenn auch ziemlich erschöpft. Der Car fuhr vor. Für den Zimmerbezug im Hotel Rôhne blieb viel Zeit nicht. Der Besuch des „Cave Papillon“ der Famlie Wenger stand auf dem Programm. La raclette gehört zum Wallis, wie das Amen zur Kirche. Walliser Weine haben verschiedene Aromen. Da dürfen sich die Degustanten nach ihren Gusti entscheiden. Ganz nach dem Motto: de gustibus non est disputandum (Auf Deutsch gesagt: Ueber den Geschmack lässt sich nicht streiten). Die beiden vorgetragenen Lieder durch den anwesenden Chor erfreute die Familie Wenger durchaus. Der Ausklang vor der Bettruhe im Arkanum sei mit zwei Worten zusammengefasst: Sehr lustig. Und das war in der Tat der Fall.

Der Sonntag mit den Kühen

Gut geschlafen, im Hotel Rôhne in Salgesch ? Wenn Sänger Werni ja sagt, dann ist es so. Der Präsident BTR_2014_VS_Goler_2schlief auch gut. Auf das reichliche Frühstück durfte sich jeder Sänger bei-zeiten freuen. Der Chauffeur des Autocars verfügte zwar nicht über die Sinne des Stiers, währenddessen die Ringkühe im Raron-Goler an ihren Standorten unter Bäumen schon einigen Staub aufwirbelten. Die Kühe müssten nicht schwanger sein, der Schwangerschaftstest hingegen zu den Wettkampfbedingungen gehört. Zwei Aerzte prüften vor dem Kampf den Urin der antretenden les reines. Zeigt das Prüfgerät die Hormone anders an, wird die Kuh für den Kampf gegen Ihresgleichen nicht zugelassen. Nach Programmschrift genau fingen die Kämpfe an, aber hätte der Aktuar des BTR_2014_VS_Goler_1MCK in der Jury eine Rolle gehabt . . . Wie sich der Kampfgeist, die Lust am Kampf, von einer schwangeren Eringerkuh einschätzen lässt, dazu bedarf es an Erfahrung, mehr als diejenige eines Fischauges sowie ein passendes Fingerspitzengefühl. Die Tagesform der Kühe entscheidet wohl über den Preis, welchen die Besitzer der Kühe in Form einer Glocke gewinnen können. Wer klar sieht, erkennt das friedliche Fest. Man sieht auch keinen, der sich in jedem „Stolz“ verletzt gesehen hätte.

 

Zurück in die Heimat, oder an den Wohnort

Zuverlässig seit Jahren, konnten die Choli-Sänger und die Dirigentin Eva um sieben Uhr des Sonntagabends, unversehrt aus dem Nüssli-Car steigen. Ein Becher im Rest. Frohsinn hat für den Schlussakt genügt, wie der letzte heimkehrende Sänger beim cordon-bleu auf die ausgezeichnete Köchin hingewiesen hat.

Bilder: Eva Rüegg, Martin Burkart