Am Bezirksgesangfest

Ein gelungener Auftritt

(fz) Vor jedem öffentlichen Auftritt gehört ein gewisses Lampenfieber quasi zur Tagesordnung, denn dieses Merkmal der Spannung hält jenes Quecksilberthermometer offen, ob eine Aufführung besser gelingt als im Probelokal, zumindest nicht schlechter, oder ob eine ungünstige Tagesform die Erwartungen durchkreuzt.

Natürlicherweise verteilt sich das vorhandene Lampenfieber bei einem Chorsänger auf verschiedene Schultern, und dennoch kann ein aufmerksamer Zuhörer den schräg singenden Sänger aus dem Grossen und Ganzen heraushören. Sekundenbruchteile können dazu ausreichend sein.

Vorab darf gesagt sein, der nach den gegebenen Möglichkeiten ziemlich grosse Auftritt des Männerchors Kollbrunn darf als gelungen abgehakt werden. Am 12. Mai 2012, an einem Samstag, trat der Männerchor Kollbrunn im Kirchgemeindehaus Liebestrasse in Winterthur auf. Der Bezirksgesangverein Winterthur unter dem Vorsitz von Ueli Seiler hatte an diesem Tag ein Chorkonzert unter dem Motto „S’isch Zyt zum Singe“ ausge-schrieben und bei der Organisation ein Stück weit das Land der Erneuerung so gewagt wie betreten. Als ob ein Chorkonzert obendrein noch „sexy“ sein könnte ? Kann es, wie am 12. Mai 2012 bewiesen und das Wagnis belohnt wurde.

Wer das Kirchgemeindehaus an der Liebestrasse in Winterthur kennt, weiss, der Saal ist von stattlicher Grösse, auf drei Seiten gibt es Emporen, und auf der Bühne könnte sich ein klassisches Orchester einrichten. Das Haus war an diesem Abend beachtlich gut gefüllt. Nicht nur der Sänger und Sängerinnen wegen, die mit ihren Chören aus dem ganzen Bezirk auftraten. Das zahlende Publikum war nicht minder vertreten.

Nun hat der Kirchgemeindesaal an seinen Breitseiten je eine grosse Türe. Und in diesen lag am 12. Mai 2012 das „Geheimnis“, das Mysterium zum vorteilhaften Gelingen dieses Ereignisses. Indem die Sängerinnen und Sänger über die Treppen zu den Türen, in eine Art Warteschlaufe eintraten, beschleunigten sich die Auf- und Abgänge der Sänger und Sängerinnen erheblich, auf die Bühne und von dieser wieder herunter. Das Ergebnis lässt sich sehen: Mehr Gesang in einem bestimmten Zeitab-schnitt. Vielleicht hätte sich das Publikum von diesem oder jenem Chor gerne eine Dreingabe (gerufen wird nach Zugabe) angehört. Das war an diesem Abend nicht vorgesehen. Aus guten Grund: Die Draufgaben müssten in einer Kurzversion vorbe-reitet sein, um die Veranstaltung, in diesem Fall das Chor – Festival, nicht über Gebühr in die Länge zu ziehen, bis es dann eben nicht mehr „sexy“ ist.

Nach Programm traten 16 Chöre zu diesem Chor-Festival an. Auffallend viele brachten ihre Darbietungen durchaus sehr vorteilhaft zum Besten. Gewiss hätte Das Schifferlied, beispielsweise, solide und schön zwar vorgetragen, bei einem rassigeren Taktschlag um „das gewisse Etwas“ berauschender wirken können. Subjektive Empfindungen und Wahrnehmungen sind zwar in der Sparte durchaus legitim. Ueber den Erfolg entscheidet der Eindruck beim Publikum, auf die Zuhörer und Zuhörerinnen.

Der Männerchor Kollbrunn trug an diesem Abend, am 12. Mai 2012, das Lied, von E. Grolimund komponiert, Hochsigzyt, unter der Dirigentin Eva Rüegg, sehr ausdrucksvoll vor. Der Bedeutung des Wortlauts Rechnung geschenkt, löste die Dynamik ihre betörende Wirkung beim Publikum aus, womit die Lehre von der Schallstärke, gezielt probiert, wie von der Dirigentin experimentell eingesetzt, die Bedeutung eben hat und einnimmt.

Erstaunlich gut und erfrischend war auch der Auftritt des Frauenchors Kollbrunn, der mit dem Lied der Märchen einen sexy Auftritt riskierte, darnach aber voll und ganz abräumte. Die Choreografie gelang den Damen nebst ihrem Gesang makellos. Die Märchen-Figuren gewannen und hinterliessen dabei einen unerwartet starken Eindruck. Selbst Frau Holle, die Individualsierung elfischer Wesen, von sog. Schutzdämonen, schüttelte ihr Schneefall-Kissen mit einem präzisen Taktgefühl.

Zwar ist der Männerchor Kollbrunn aus geschichtlicher Sicht Firmzeuge des Frauen- und Töchterchors Kollbrunn – dennoch hat die obige Beschreibung über den Auftritt des heutigen Frauenchors Kollbrunn beim Chorkonzert in Winterthur nichts mit Schmeichelei zu tun. Das Kompliment des Aktuars des Männerchors Kollbrunn ist keineswegs zu dick aufgetragen, gibt damit vielmehr lieber eine aufrichtige Anerkennung für einen aussergewöhnlichen Einsatz bei aller aufgebrachten Kritikfähigkeit zum Besten.

Zum Schlusse kommend, zusammengefasst

Die gesangliche Tradition hält sich in Kollbrunn nicht nur hartnäckig, sondern feiert gegenwärtig und aktuell, beachtliche Erfolge, wie am 12. Mai 2012, im Kirchgemeindehaus Liebestrasse in Winterthur. Der Bezirksgesangverein Winterthur ist auf seinem reformierten Wege in der Lage, den Chören in dessen Bezirke eine Plattform zu bieten. „S’isch Zyt zum Singe“, und wer den Wink immer noch als Witz versteht, ist und bleibt sodann von gestern. Das Gestrige, was nicht rein nach Gesange tönte, habe ich längst vergessen.