Der Männerchor Kollbrunn und sein Fahnenträger

(fz) Gewiss erfüllte ein Fähnrich in früheren Zeiten eine gar wichtige Aufgabe, als geharnischte Krieger auf den Schlachtfeldern den Standort ihrer Truppen an der Fahne erkannten. Nach Einführung der Bundesverfassung im Jahr 1848 pflegten dann die neu entstandenen Gemeinschaften wie Sänger-, Schützen- und Turnvereine die Fahnentradition weiter, nun als Symbol freier Bürger, die  in einem Verein ein gemeinsames Interesse leben konnten. Und der gesellschaftlichen Bedeutung der Vereine wird ja bis heute die gehörige Pflege angediehen.

Hinter Vereinsfahne zum Sängerwettstreit

Den Nüfermer Sängertag in Oberneunforn TG hatten die Kollbrünnler Sänger schon länger in ihren Kalendern angekreuzt. Und das kam so: Am 19. August 2016 folgte der Männerchor Oberneunforn einer Einladung ins Rest. Linde in Oberlangenhard. Gestützt auf einen Bericht zündeten die beiden Chöre damals ein gesangliches Feuerwerk. Beim Auseinandergehen versprachen die Nüfermer Sänger die Revanche, ein gesangliches Rückspiel sozusagen. Und sie hielten Wort. Zu ihrem 135-jährigen Jubiläum wollten sie ein grosses Fest veranstalten. Vom 1. bis 3. September 2017 war in Oberneunforn das ganze Dorf auf den Beinen. Biergrotto, Hüttengaudi und eben ein Sängertag mit sage und schreibe fünfzehn Gastchören.

Der Sonntag des 3. Septembers erschien schöner als vom Wetterfrosch angesagt. Gewandet im ersten Anzug und mit farbigen Krawatten geschmückt, trafen sich die Sänger des Männerchors Kollbrunn, einsatzbereit für den bevorstehenden  gesanglichen Gastauftritt, beim Bahnhof Kollbrunn. Und ohne Gezeter ökologisch überlegt, übernahmen vier Fahrer von Privatwagen den Transport in den Kanton Thurgau. Unser Fahnenträger Werni Baur trat wie immer frühzeitig an, hielt die Fahne rechts bei Fuss, aber in der erst neunten Stunde des Sonntags noch eingerollt. Die Fahrt dorthin ging durch zahlreiche Dörfer, deren Ortsnamen manche auch schon gehört hatten.

Oberneunforn ist ein schmuckes Dorf, zwischen sanften Hügeln liegend, und hat noch viele Häuser mit Riegelbau. Der Weg zu den Parkplätzen war lückenlos beschriftet. In der stattlichen Festhütte herrschte bereits um diese Zeit ein emsiges Treiben. Für unseren Fahnenträger Werni galt es auf einmal ernst: Die Fahne des Männerchors Kollbrunn am Ristgriff packen, diese senkrecht und ruhig auf die Bühne tragen und in der Fahnenburg in den Raster stellen. Zu Fuss ging es rasch weiter. Fürs Einsingen stand ein Raum im Gemeindehaus zur Verfügung. Unsere Dirigentin Eva Rüegg war von Winterthur hinzugekommen.  Frohgemut nach der Miene, und ein Stück Wehmut enthielten die Gedanken daran, dass wir Sänger mit Eva Rüegg am Nüfermer Sängertag unser letzten gemeinsamen Auftritt haben würden. Und weil noch zwei erste Tenöre dem Anlass fernblieben, wollten alle Sänger Evas Devise von laut und leise umso herzbewegender in die Tat umsetzen.

Ein Auftritt mit Prädikat „Sehr gut“

In der vorzüglich gestalteten Programmschrift war der Liedervortrag angekündigt: Von 11.15 – 11.35 Uhr. Die ref. Kirche war gut besetzt. Die Akustik des Raums sollte sich als vorzüglich herausstellen. Die Kollbrünnler Sänger hatten sich schon im Halbkreis hingestellt. Ein kurzes, langes Warten. Schritte waren zu hören. Es war die Moderatorin, welche auf die Empore stieg. Sie hielt ein paar begrüssenswerte Worte und stellte die Titel der Lieder vor. Quel Mazzolin di Fiori, Motorbiene und Lingua materna. Eva Rüegg gab den Ton. Sauber übernommen von den Sängern. – Und als der Vortrag beendet war: Baff! Da waren sie, die Sänger und die Dirigentin, in der Tat baff. Weil alle Winkelzüge der gesanglichen Form so gut gemeistert wurden. Fast schade, ohne Bewertung gesungen zu haben. Floss das Bedauern auch nur zaghaft über einige Lippen. Aber ein Gesangslehrer aus der Umgebung meinte dann unerschrocken: Hätte auch das Prädikat „Vorzüglich“ verdient. Hoc nomine.

Daraufhin durfte auf den gelungenen Auftritt angestossen werden. Gleich beim  neben der Kirche eingerichteten Stand. Mit einem Federweisser aus Oberneunforn. Fruchtiges Bukett mit Noten, Zwiebelschalenfarbe und erfrischend bis zum Schluss.

Für unseren Fähnrich Werni war aber noch lange nicht Schluss. Nach dem Mittagessen mit allen Chören in der auf den letzten Platz gefüllten Festhütte schlug die Stunde der Fahnenträger. Auf zum gemeinsamen Fahnengruss. Und wie es bei festlichem Anlass vor Publikum vorgesehen ist, folgte das Achterschwingen. Jeder Fähnrich brachte die hochgetragene Fahne zur dreimaligen Schwingbewegung. Ehrengäste unterstrichen den würdigen Rahmen, und ohne die Leistungen der Sponsoren könnte ein solch grosser Anlass in einem kleinen Dorf nicht durchgeführt werden.

Zum Schluss darf der Schreiberling seine Gedanken preisgeben: Was wär‘ das Leben ohne Lied, was wär‘ ein  Gesangsverein ohne Fähnrich – wie ein schöner Gesangstag zu Ende ging.